Auslieferung auf der letzten Meile im Wandel – Chancen für den Arbeitsschutz?

Branchenkonferenz KEP am 14. Juni 2018 in Hamburg

Paketbote liefert Paket an Haustür
© Africa Studio/shutterstock.com

Die Auslieferung auf der letzten Meile bei den Kurier-, Express- und Postdiensten (KEP) wandelt sich insbesondere im Paketbereich rasant: Das zunehmende Paketsendungsaufkommen durch den wachsenden Online-Handel, der erhöhte Zeit- und Kostendruck, die hohe Verkehrsbelastung in den Innenstädten, steigende Kundenanforderungen und nicht zuletzt Ansprüche an die ökologische Nachhaltigkeit zwingen die KEP-Dienste dazu, ihre Serviceleistungen immer schneller, effizienter und individueller zu gestalten.

Einerseits bringen diese Herausforderungen zwar technische und organisatorische Innovationen hervor, andererseits sind starke körperliche und psychische Belastungen bei den Zustellerinnen und Zustellern zu beobachten. Die Branche hat hohe Zahlen sowohl an Arbeitsunfällen wie auch an Fehltagen infolge Arbeitsunfähigkeit zu verzeichnen. Beschwerden und Erkrankungen im Muskel-Skelett-Bereich sind besonders ausgeprägt.

Die Prävention der BG Verkehr richtet daher ein besonderes Augenmerk auf die Beschäftigten der KEP-Branche. Ziel der Branchenkonferenz war, die Entwicklungen auf der letzten Meile einzuschätzen, die damit verbundenen Chancen und Risiken für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu identifizieren um bei Bedarf den Wandel entsprechend mitgestalten zu können.

Teilnehmer: Vertreterinnen und Vertreter aus den Mitgliedsunternehmen, aus Forschung und Wissenschaft, von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaft, Politik, Herstellern und Prüfinstituten von Arbeitsmitteln sowie der Aufsicht.

Das Programm

  1. Blick in die Zukunft
    Zum Auftakt wurde ein Blick in die Zukunft der Auslieferung geworfen, mit Beiträgen aus der Wissenschaft, aus einem großen Unternehmen der KEP-Branche, von einem Roboterhersteller und vom Risikoobservatorium der DGUV. Die Fachbeiträge gaben ein vielschichtiges und differenziertes Bild des Wandels.
  2. Arbeitsmittel im Wandel
    Dieser Teil der Konferenz galt dem Lastenfahrrad, das in vier Fachbeiträgen intensiver beleuchtet wurde. Lastenfahrrädern wird in der Paketauslieferung im innerstädtischen Bereich eine große Zukunft vorhergesagt.
  3.  Mensch und Gesellschaft im Fokus
    Der dritte Vortragsblock gab Vertretern und Vertreterinnen eines Unternehmerverbands, einer Gewerkschaft und der Politik die Möglichkeit, ihre Sicht der Entwicklungen darzustellen.
  4. Moderierte Diskussion
    Die abschließende Diskussion lotete den skizzierten Wandel der Auslieferung hinsichtlich der Chancen für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten aus.

Flyer Branchenkonferenz "Auslieferung auf der letzten Meile"

Chancen im Wandel – Erkenntnisse und Perspektiven

Teilnehmer auf der Branchenkonferenz KEP 2018
@ BG Verkehr

Der Wandel auf der letzten Meile wird Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten haben. Die Beiträge auf der Branchenkonferenz lassen den Schluss zu, dass bei den Veränderungen durchaus mit Chancen zur Reduzierung von Belastungen und Gefährdungen sowie des Unfallrisikos zu rechnen ist. Es gilt jedoch darauf zu achten, dass die veränderten Arbeitsbedingungen nicht neue oder größere Belastungen und Gefährdungen mit sich bringen, die vielleicht auf den ersten Blick nicht ersichtlich sind.

Der Mensch bleibt das letzte Glied

Ein Ersatz des Menschen auf der letzten Meile durch Technik wird im Moment mehrheitlich nicht gesehen. Letztlich kann der Mensch am besten auf die spezifischen Bedingungen der Übergabe an den Kunden und dessen Bedürfnisse eingehen. Der Einsatz von Drohnen wird sich eher auf Sonderfälle beschränken, z.B. bei schlechter Erreichbarkeit auf dem Landweg. Ob sich bodengebundene, selbstfahrende Lieferroboter in der Praxis durchsetzen werden, wird die Zukunft zeigen.

Elektromobilität

Insbesondere im innerstädtischen Bereich werden zunehmend E-Fahrzeuge eingesetzt, sei es bei den Zustellfahrzeugen, wie z.B. dem StreetScooter oder bei den E-Lastenfahrrädern. Pedelecs und E-Trikes sind in der Briefzustellung bereits weit verbreitet. Neben dem heute vorwiegend genutzten batterieelektrischen Antrieb sieht man auch in dem in Entwicklung befindlichen Brennstoffzellenantrieb großes Potenzial.
Die Zustellung mit E-Lastenfahrrädern im innerstädtischen Bereich in Verbindung mit Mikro-Depots kann sich positiv auf die Unfallgefährdung, aber auch auf die psychischen Belastungen der Zusteller und Zustellerinnen auswirken. Es löst die heute gängige Zustellung mit Kraftfahrzeugen ab, so dass dichter Verkehr und fehlender Parkraum kein Problem mehr darstellen sollten.

(Teil-)autonome Fahrzeuge

Auch von teilautonom fahrenden Zustellfahrzeugen, die z.B. im Nahbereich dem Zusteller "folgen" und selbständig ein- und ausparken, wird ein günstiger Einfluss auf die Unfallgefährdung erwartet. Durch weniger häufiges Aussteigen sinkt das Risiko von Sturz- und Umknickunfällen.
Bei der Zu-Fuß-Zustellung nehmen dem Zusteller autonom folgende Transportwagen, wie z.B. der PostBOT der Deutschen Post, das Tragen der Sendungen ab und reduzieren somit die körperlichen Belastungen.

Paketboxen, Packstationen

Die Auslieferung in Paketboxen und in Schließfachsystemen (z.B. DHL-Packstation, Amazon Locker) oder die Kofferraumzustellung bieten die Chance, die Belastung der Zusteller und Zustellerinnen durch erfolglose Zustellversuche zu reduzieren. Ebenso können lange Zu-Fuß-Auslieferungswege, auch über mehrere Etagen, z.B. in Wohnanlagen und Hochhäusern, eingespart werden.

Organisatorische Maßnahmen

Im innerstädtischen Bereich können Zustellungen zu verkehrsärmeren Zeiten Belastungen und Gefährdungen reduzieren. Erfolglose Zustellversuche lassen sich vermeiden, indem abends oder zum Wunschtermin ausgeliefert wird. Die Abendzustellung erfordert allerdings eine erhöhte zeitliche Flexibilität der Beschäftigten und kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beeinträchtigen.

Körperliche Entlastung durch Exoskelette

Unternehmen der KEP-Branche testen bereits den Einsatz von Exoskelette, die die körperliche Belastung beim Heben und Tragen von Lasten reduzieren sollen. Für den Einsatz auf der letzten Meile sind die heute am Markt erhältlichen Produkte noch nicht geeignet. Hier wird mit einem notwendigen Entwicklungszeitraum von einigen Jahren gerechnet.

Teilnehmer der Branchenkonferenz KEP 2018 mit ausgestelltem Lastenfahrrad
@ BG Verkehr

Fazit

Konsens bestand auf der Veranstaltung darin, dass es wichtig ist, im Gespräch zu bleiben.  Das Thema Sicherheit und Gesundheit auf der letzten Meile soll gemeinsam weiter vorangebracht und die Chancen im Veränderungsprozess gestärkt werden, sei es über runde Tische oder andere Austauschplattformen. Die Branchenkonferenz KEP hat hier einen ersten wichtigen und erfolgversprechenden Schritt zum Austausch geboten, den es nun zu verstetigen gilt. Dabei sollen sowohl die großen wie auch die mittelständischen und kleinen Unternehmen der Branche berücksichtigt werden. Die BG Verkehr wird dies im Rahmen ihrer spezifischen Aufgabenstellung weiter fördern.

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