Was kann man gegen Lärm tun?
Grundsätzlich gilt die Reihenfolge
T (Technische Maßnahmen)
O (Organisatorische Maßnahmen)
P (Personenbezogene Maßnahmen)
Das heißt, auch bei Lärm müssen zuerst technische und organisatorische Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Erst wenn diese nicht ausreichen, kommen persönliche Schutzmaßnahmen, das heißt Gehörschützer, zum Einsatz.
Technische Maßnahmen gegen Lärm
Alle technischen Maßnahmen orientieren sich an der Lärmausbreitungskette: Lärmquelle – Lärmübertragung – Lärmempfänger. Je weiter vorne in dieser Kette das Problem gelöst werden kann, desto geringer ist der Schutzaufwand in den folgenden Teilen der Kette. Statt 20 Arbeitsplätze mit Schallschutzwänden wegen eines lauten Kompressors auszustatten, ist es einfacher, den Kompressor zu kapseln, also den Lärm gleich an der Quelle zu verhindern.
Bei der Umsetzung von Lärmminderungsmaßnahmen ist grundsätzlich bei den lautesten Lärmquellen zu beginnen, da sie den Gesamtpegel am stärksten beeinflussen. Dies ist unter Umständen schwierig, wenn mehrere Lärmquellen gleichzeitig oder zeitlich versetzt, aber überlappend betrieben werden. Während für die Beurteilung der Gehörgefährdung die Ermittlung des Tages-Lärmexpositionspegels am Arbeitsplatz ausreicht (egal, von welchen Lärmquellen erzeugt), muss als Grundlage für Lärmminderungsmaßnahmen eine Teilschallquellenanalyse erfolgen, d. h. eine Feststellung, welche Lärmquellen zu welchen Zeiten aktiv sind und welche Schallpegel erzeugen. Erst anhand dieser Daten können dann Lärmminderungsmaßnahmen gezielt bei den lautesten Lärmquellen vorgenommen werden.
Beispiele für Lärmminderungsmaßnahmen:
- Transportwagen mit Gummirollen statt Stahlrollen
- Gummianschläge für Klapptüren
- Schalldämpfer zur lärmarmen Entspannung von Druckluft-Restenergie
- Einsatz von Verbundschleifscheiben
Möglichkeiten die Lärmübertragung zu vermindern sind:
- Akustische Kapselung/schwingungsisolierte Aufstellung von Maschinen
- Abstand Lärmquelle-Empfänger vergrößern
- Raumakustische Maßnahmen
Die TRLV „Lärm“, Teil 3: Lärmschutzmaßnahmen beschreibt detailliert das Vorgehen bei Lärmminderungsmaßnahmen.
Organisatorische Maßnahmen gegen Lärm
Sofern für ein bestimmtes Arbeitsverfahren eine Alternative existiert, lässt sich gerade durch diese Maßnahme die Lärmbelastung oft stark reduzieren.
Beispiele dafür sind:
- Richtarbeiten an Großbehältern durch hydraulisches Verformen statt mit dem Richthammer
- Einsatz von Drehschraubern, statt Schlagschraubern (keine impulsartige Schallanregung)
- andere Verbindungstechnik: Ersatz von Nietarbeiten durch Punktschweißen oder Kleben
Weitere lärmarme Alternativen sind:
- Ablegen statt Abwerfen
- Absaugen statt Abblasen
- Bohren statt Stanzen
- Elektroantrieb statt Verbrennungsmotor
- oszillierende Säge statt Trennschleifen
- Plasmaschneiden statt Mechanisch Trennen
- Pressen statt Schlagen
- Schrauben statt Nieten
Meist gibt es nicht den “großen Wurf”, der sofort eine dramatische Lärmreduzierung bringt. Man muss sich an den Kern des Problems heranarbeiten und die relevanten Geräuschquellen ermitteln:
- Welche Arbeiten/Maschinenzyklen verursachen Geräusche?
- Wie entstehen die Arbeitsgeräusche/welche Maschinenteile verursachen die Geräusche?
- Entstehen die Geräusche beim Arbeitsgerät, beim Arbeitsobjekt, durch die Arbeitsweise oder durch deren ungeeignete Paarung?
Einzelne lärmintensive Tätigkeiten oder Maschinen können eine ganze Fabrikhalle “akustisch verseuchen”. Man sollte daher darauf achten, möglichst nur gleichlaute Arbeitsbereiche räumlich zusammenzufassen (z. B. Motorinstandsetzung getrennt von Karosseriewerkstatt). Lässt sich eine vollständige Trennung aus arbeitstechnischen Gründen nicht realisieren, sollte zumindest eine Lärmschutzkabine/Teilkapselung für die lauteren Arbeitsplätze vorgesehen werden.
Motorprobeläufe/Abgastests sollten in separaten Werkstatträumen durchgeführt werden (Zutrittsbeschränkung für Personen, die nicht mit der Durchführung betraut sind).
Hilfsaggregate, die nahezu ständig in Betrieb sind (Kompressoren, Staubabsaugungen) sollten in jedem Fall aus dem Arbeitsbereich entfernt werden (in Kellerräume oder Anbauten).
Können lärmintensive Arbeiten aus Platzmangel nicht räumlich verlagert werden, besteht auch die Möglichkeit, diese Arbeiten zeitlich zusammenzufassen (z. B. lärmintensive Tätigkeiten vormittags, nachmittags Tätigkeiten mit geringerer Lärmentwicklung). Extrem laute Arbeiten sollten in Schichten mit geringer Besetzung, notfalls außerhalb der üblichen Arbeitszeiten durchgeführt werden.
Für viele Tätigkeiten lässt sich die Lärmbelastung durch technische Maßnahmen nicht oder nur unter immensem Aufwand weiter reduzieren, weil technische Hilfsmittel missbräuchlich gehandhabt werden. Teil der organisatorischen Maßnahmen zur Lärmminderung ist es daher, die Beschäftigten zu lärmarmer Arbeitsweise zu motivieren, z. B.:
- Schraubenschlüssel, Montagestangen etc. nach Gebrauch nicht auf den Betonboden zu werfen, sondern abzulegen
- Transportkarren nicht mit dem Elektrokarren in den Abstellbereich zu "flanken", sondern dorthin zu schieben
- leere Paletten nicht aufeinander zu werfen, sondern zu stapeln
Patentrezepte zur Lösung dieses Problems gibt es leider nicht, man sollte aber versuchen, im Rahmen des ganzheitlichen Ansatzes einige Punkte zu überprüfen:
- Sind alle Mitarbeiter über die Gefahren durch Lärm ausreichend informiert?
- Sind Mitarbeiter unterfordert oder gelangweilt? (Lärm als Protest)
- Sind Mitarbeiter überfordert bzw. wird durch ausgequetschte Zeitvorgaben lärmintensive Arbeitsweise gefördert?
- Gibt es Möglichkeiten lärmarme Arbeitsweise zu honorieren?
Personenbezogene Maßnahmen gegen Lärm
Ab einem Tages-Lärmexpositionspegel von LEX,8h = 80 dB(A) hat der Arbeitgeber Gehörschutz zur Verfügung zu stellen (freiwillige Benutzung), ab 85 dB(A) muss der Gehörschutz benutzt werden, sonst entwickelt sich nach einigen Jahren eine Lärmschwerhörigkeit - und die ist unheilbar! Sind Knall- oder Aufprallgeräusche über 137 dB(C) zu erwarten (z. B. Hammerschläge auf Blech, Ablassen von Druckluft) muss auf jeden Fall Gehörschutz benutzt werden. Hörverlust durch nur einmalige Einwirkung ist möglich!
Auch bei niedrigeren Schallpegeln kann Gehörschutz erforderlich sein, z. B. bei Tätigkeiten, die hohe Konzentration verlangen oder wo es auf Kommunikation ankommt. Hier werden Gehörschützer mit elektronischer Kommunikationseinrichtung eingesetzt.
Als Auswahlkriterien sind z. B. zu berücksichtigen:
- die Schalldämmeigenschaften/die Höhe des Tages-Lärmexpositionspegels am Arbeitsplatz
- der Tragekomfort/die Arbeitsumgebung (Hitze, Staub)
- medizinische Gesichtspunkte (bereits vorhandene Hörverluste, Unverträglichkeiten)
- weitere zu benutzende PSA (Persönliche Schutzausrüstung), z. B. Helm oder Schutzbrille
- der Nachweis über erfolgreiche Baumusterprüfung (CE-Zeichen).
Es gibt eine Reihe verschiedener Gehörschutztypen, die jeweils spezielle Vor- und Nachteile aufweisen. Die Auswahl hängt daher vor allem vom Einsatzzweck ab:
- Kapselgehörschützer (schnell auf- und abzusetzen, pflegeleicht)
- Gehörschutzstöpsel (viele Ausführungen erhältlich, kein Schwitzen unter dem Gehörschutz, Ortung von Schallquellen möglich)
- Otoplastiken (individuell angepasste Gehörschutzstöpsel: perfekter Sitz, kein Drücken, sehr gute Sprachverständlichkeit)
- Elektroakustische Gehörschützer (bei Impulslärm oder bei bereits bestehender Hörminderung; in den Lärmpausen sehr gute Sprachverständlichkeit trotz Gehörschutz).
Die informiert ausführlich zum Thema Auswahl von Gehörschutz.
Das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) stellt eine Software zur Auswahl von Gehörschützern zur Verfügung, mit der sich die Gehörschutzauswahl besonders komfortabel durchführen lässt.
Darauf sollten Sie auf jeden Fall achten:
Im Lärm Gehörschutz ständig benutzen. Zeitweiliges Absetzen des Gehörschutzes schwächt die Schutzwirkung überproportional!
Unfallgefahr vermeiden – Auswahlkriterien beachten!
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