Kulturelle Vielfalt bei der Arbeit

Auf einem IVSS-Symposium im Mai in Dresden zur sicheren und gesunden Integration von Fachkräften kamen auch zugewanderte Fachkräfte zu Wort. Eine Erkenntnis: Die sichere und gesunde Integration muss mehr beinhalten, als nur die Vermittlung von Arbeitsschutzvorschriften.

In allen Branchen werden die Belegschaften zunehmend multikulturell, es gilt also, die Integration zugewanderte Arbeitskräfte ernst zu nehmen und langfristig daran zu arbeiten. Die dreitägige Konferenz in Dresden brachte wertvolle Impulse für eine erfolgreiche Integration und ein besseres Verständnis kultureller Vielfalt am Arbeitsplatz. Organisiert wurde das Symposium von der IVSS Sektion für Prävention im Transportwesen und der IVSS Sektion für Prävention im Gesundheitswesen. 130 Teilnehmende aus 16 Ländern waren vor Ort oder online dabei.

Besonders eindrucksvoll waren für die Teilnehmenden die Gesprächsrunden mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern, unter anderem die Philippinen, Botswana, Mexiko oder Serbien, die selbst unmittelbar von der Thematik betroffen sind. Dabei kamen außer international tätigen Arbeitsvermittlern und Arbeitsschutzbeauftragten auch einige zugewanderte Fachkräfte zu Wort.

Mehr als „nur“ ein neuer Job

Aus Sicht der zugewanderten Arbeitskräfte war die Auswanderung nach Deutschland nur eine von mehreren Möglichkeiten. Da Deutschland aber nicht selten als wettertechnisch und menschlich kalt, bürokratisch und ausländerfeindlich wahrgenommen wird, gilt es nicht immer als die attraktivste Option. Zudem haben Fachkräfte im Rahmen ihres Umzugs oft mehr als nur ihre Aufgaben am neuen Arbeitsplatz zu bewältigen. Gleichzeitig haben sie dabei mit Gefühlen des Verlusts – sei es von Familie, vertrauter Umgebung, bekannten Lebensmitteln, sozialem Status oder einfach nur besseren Wetters – zu kämpfen. Häufig steht nicht das bessere Gehalt im Vordergrund als Motivation, sondern der Wunsch nach einem besseren Leben für sich selbst und die Familie, einem sicheren Wohnort und Entfaltungsmöglichkeiten.

Unternehmen und Führungskräfte können viel tun

Damit Arbeitskräfte mit Zuwanderungsgeschichte sicher arbeiten und gesund integriert werden können, ist eine Anstrengung von allen Beteiligten gefragt. In erster Linie muss die neue Fachkraft sich mit der neuen Umgebung vertraut machen und die Sprache lernen, aber auch Unternehmen und Betriebe können viel zum Gelingen der Integration beitragen. Dazu gehören ein Integrations- und Diversitätsmanagement und ein kultursensibler Führungsstil. Auch praktische Hilfe ist gefragt: Sprachtraining während der Arbeitszeit sowie Unterstützung bei behördlichen Angelegenheiten helfen, den ersten Kulturschock zu überwinden.

Führungskräfte und die Teams vor Ort sollten eine Kultur des Vertrauens schaffen, mehr Zeit und Geduld bei der Einarbeitung aufbringen. Buddy- sowie Mentoring-Programme, bei denen erfahrene Kolleginnen und Kollegen den Neuen zur Seite stehen, sind ebenfalls Erfolg versprechend.

Kultursensible Unterweisung

Eine der zentralen Herausforderungen bildet die Sprachbarriere. Hierfür gibt es viele Lösungsansätze: mehrsprachige Unterweisungen, Einsatz von Dolmetschenden, Videos ohne Text, Piktogramme, technische Übersetzungshilfen und Sprachkurse. Allerdings reichen Sprachkenntnisse allein nicht aus, um alle Herausforderungen zu bewältigen. Kulturelle Aspekte sind ebenso wichtig. Daraus ergibt sich für die Führungsverantwortlichen die Aufgabe, kultursensibel zu unterweisen und Missverständnisse im Arbeitsverständnis auszuräumen. Dabei sollten auch Werte und Fragen wie "Was bedeutet sicheres Arbeiten für Dich?" thematisiert werden. Eine offene und kultursensible Kommunikation ist hier entscheidend, so wird beispielsweise in manchen Kulturkreisen die Bemerkung "bei Fragen, meldet Euch" eher als Einladung zum Geständnis einer Schwäche wahrgenommen, statt als Einladung zum Dialog.

Psychische Gesundheit

Die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der Neuankömmlinge sind für eine gelungene Integration ebenso entscheidend. Nach einer anfänglichen Phase der Euphorie leiden viele eingewanderte Arbeitskräfte unter Einsamkeit und dem Gefühl, nicht wirklich dazuzugehören oder beruflich und sozial nicht voll anerkannt zu sein. Hier sind besondere Rücksichtnahme, Fürsorge und Begleitung gefragt.

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