Gewalt am Arbeitsplatz: Hohe Dunkelziffer

Zwar ist Gewalt am Arbeitsplatz in den vergangenen Jahren zurückgegangen, die Zahlen sind aber immer noch erschreckend hoch – vor allem im Gesundheits- und Sozialwesen sowie in der Logistik.

Ob Messerangriff auf dem dunklen Parkplatz oder Mobbing im Büro durch das eigene Kollegium – die Bandbreite von Gewalt im Job ist groß. Die Folgen schädigen nicht nur die Opfer, sondern immer auch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber. In Deutschland gibt es laut Dr. Holger Pressel, Leiter der Stabsstelle Politik, Verbände und Gremienmanagement der AOK Baden-Württemberg, pro Jahr rund 20.000 sogenannte Gewaltunfälle am Arbeitsplatz, „mit einer immens hohen Dunkelziffer“.

Zum Hintergrund: Als Gewaltunfall wird von den Versicherungsträgern nur gezählt, wenn jemand durch körperliche Gewalt am Arbeitsplatz länger als drei Tage krankgeschrieben ist. Verbale Gewalt oder Mobbing sind in diesen Zahlen nicht erfasst. Das gehöre nach Ansicht der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, jedoch dazu: Gewalt am Arbeitsplatz sind nach Definition der ILO alle Handlungen, bei der jemand im Rahmen seiner Tätigkeit beleidigt oder bedroht oder auch körperlich angegriffen wird.

Gewalt bei Publikumskontakt

Eine Statistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zeigt: Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialwesen werden am häufigsten Opfer von Gewalt am Arbeitsplatz, gefolgt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Logistiksektor – darunter fallen auch Zugbegleiter, die oft Beleidigungen und tätlichen Angriffen ausgesetzt sind.

Generell lässt sich sagen, dass der überwiegende Anteil an Gewalt-Fällen bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auftritt, die Publikumskontakt haben – das kann die Tankstellenkassiererin ebenso sein wie ein Mitarbeiter in einem Jobcenter.

Durch das Arbeitsschutzgesetz ist jeder Arbeitgeber gehalten, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen. In erster Linie sollen Arbeitsunfälle vermieden werden, zu denen auch die Gewaltunfälle zählen. Allerdings: In der Praxis klappt das häufig vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen nicht.

Doch was können Beschäftigte dagegen tun? „Hinschauen und den Mund aufmachen!“, fordert Pressel von Menschen, die auf der Arbeit mitbekommen, wenn jemand beleidigt oder sexuell belästigt wird und rät zu einer „Null-Toleranz-Strategie“.

 

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