Neue Mobilitätstrends, neue Gefahren

Das DGUV-Fachgespräch „Mobilitätstrends im Wandel“ lenkte den Blick auch auf den urbanen Verkehrsraum. Dort bedarf es neuer Ansätze, um den Verkehr mit Elektrorollern und Pedelecs angesichts rasch steigender Unfallzahlen sicherer zu machen.

Henrik Liers, Geschäftsführer der Verkehrsunfallforschung an der TU Dresden, hatte einen guten Grund, die neue urbane Mobilität unter die Lupe zu nehmen. „Die Zahl der bei Verkehrsunfällen getöteten Fahrer von E-Rollern verdoppelt sich jedes Jahr“, sagt Liers. Auch die Zahl der Unfälle mit Personenschäden, an denen E-Bikes beteiligt sind, ist seit 2021 um 70 Prozent auf 10.153 geklettert.

Die hohen Unfallzahlen gehen auch auf Fehler bei der Nutzung und mangelhafte Regelkenntnis zurück. Liers zitierte aus einer Befragung, nach der 70 Prozent der Nutzer zugaben, ohne Helm unterwegs zu sein. Mehr als die Hälfte kannte die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht und nur zwei Drittel kannten die Promillegrenze, die sich nicht von der für andere Kfz unterscheidet. Neben Verhaltensänderungen der Nutzerinnen und Nutzer, so der Unfallforscher, könnten auch die Hersteller der Roller zu mehr Sicherheit beitragen – durch größere Räder, effektivere Bremsen und einen Fahrtrichtungsanzeiger (Pflicht ab 2027).

Lastenräder: Wissenschaftliche Daten fehlen

Eine erhebliche Bedeutung für den innerstädtischen Verkehr werden nach Ansicht von Liers Lastenfahrräder bekommen. Die sind zwar nicht neu, aber aufgrund der mittlerweile verfügbaren E-Antriebe attraktiver als je zuvor. Was sich in den Verkaufszahlen niederschlägt. 2023 wurden in Deutschland mehr als 235.000 Lastenräder gekauft, davon 189.000 mit Elektroantrieb. Berichte über Rahmenbrüche, Kippneigung und unpassende Bremsanlagen zeigen jedoch, dass in Sachen Sicherheit auch hier noch Luft nach oben ist. Umso erstaunlicher, dass Lastenfährräder in der amtlichen Unfallstatistik nicht gesondert aufgeführt werden und auch Studien zum Nutzungsverhalten fehlen. Hier müsse sofort etwas geschehen, mahnte Liers.

Die Entwicklung auf den Straßen schlägt sich auch in der Arbeitswelt nieder. Das zeigte der Vortrag von Maraike Tonzel, Leiterin des Sachgebiets "Verkehrssicherheit in der Arbeitswelt" bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), und ihrer Stellvertreterin Sarah Lange klar auf. Von den 290.000 Unfällen mit Personenschäden im Jahr 2023 hatten 130.000 als Wegeunfälle, Arbeitsunfälle, oder Dienstwegeunfälle einen Arbeitsbezug. Wegeunfälle – also Unfälle von Versicherten auf den Arbeitswegen – machten mit 111.500 Fällen den Löwenanteil aus.

Als Unfallschwerpunkt benannten Tonzel und Langer den innerörtlichen Verkehr mit einem Anteil von 66 Prozent (Juli 2023 bis Juni 2024, hochgerechnete Zahlen). Allerdings lag der Anteil schwerer oder tödlicher Unfälle mit Arbeitsbezug innerorts nur bei zehn Prozent. In 16 Prozent der Fälle war die Autobahn der Schauplatz der Unfälle. Hier lag der Anteil der schweren und tödlichen Unfälle bei 25 Prozent. Auf sonstige außerörtliche Straßen entfielen 18 Prozent der Unfälle – davon wiederum entfielen 24 Prozent auf schwere und tödliche Unfälle. Die häufigsten drei Unfallhergänge bei schweren und tödlichen Unfällen: Abkommen von der Fahrbahn, Auffahrunfälle auf andere Fahrzeuge und Zusammenstöße mit kreuzenden oder abbiegenden Fahrzeugen.

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