Branchenkonferenz Entsorgung diskutiert vielfältige Lösungsansätze
Das Kernproblem bei Rückwärtsfahrten besteht darin, dass die Fahrer den Gefahrenbereich nicht vollständig einsehen können. Immer wieder ereignen sich schwere oder sogar tödliche Unfälle bei der Rückwärtsfahrt von Abfallsammelfahrzeugen. Betroffen sind dabei sowohl Kollegen der Fahrer wie auch unbeteiligte Passanten. Die derzeitige Vorschriftenlage sieht deshalb vor, dass Rückwärtsfahrten möglichst zu vermeiden sind und dort wo sie sich nicht vermeiden lassen, ein Einweiser den Fahrer unterstützt.
"Aber gibt es inzwischen nicht andere Lösungen?" fragte Wolfgang Steinberg, der Vorsitzende des Vorstandes der BG Verkehr, bei der Begrüßung. "Und wie sehen sie aus?" Vielfältig, lässt sich das Ergebnis kurz zusammenfassen. Die Referenten der Branchenkonferenz zeigten ein großes Spektrum an Hilfestellungen und Lösungsmöglichkeiten auf. Dazu gehören eine gute Fahrausbildung, aber auch organisatorische Maßnahmen zur Routenplanung sowie Fahrerassistenzsysteme für mehr Sicherheit bei der Rückwärtsfahrt.
Verschiedene Systeme wurden vorgestellt. Die Aufgaben dieser Systeme reichen von der Warnung der Fahrer bis hin zu selbständigem Stoppen des Fahrzeuges. Um optimal zu wirken müssen sie hinsichtlich Ergonomie, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit verschiedene Kriterien erfüllen. Als Fazit kann man festhalten: Fahrerassistenzsysteme tragen schon heute zu einer deutlichen Verbesserung der Situation bei, aber ein vollwertiger Ersatz für die Unterstützung durch den Einweiser sind sie noch nicht. Noch fehlt es an klaren funktionalen, ergonomischen und regulatorischen Anforderungen. Dies soll nach Ansicht der Branchenkonferenz so nicht bleiben. Die Anregung der BG Verkehr an Unternehmen, Hersteller und Verbände, sich an einer Arbeitsgruppe zu beteiligen, die einen entsprechenden Anforderungskatalog für die Prüfung und Zertifizierung von technischen Rückfahrassistenten erarbeitet, fand spontane Zustimmung. Vorgesehen ist die Erstellung einer spezifischen Norm für Rückfahrassistenzsysteme an Abfallsammelfahrzeugen. Wichtig ist, dass der Fahrer durch ein aktives System entlastet und nicht durch mangelnde Ergonomie oder unzureichende Signalwirkung zusätzlich belastet wird.
Deutlich wurde, dass neben einer Fortentwicklung der technischen Systeme insbesondere im Bereich der Organisation noch deutliches Potenzial liegt. Besonders die vielfältigen Beispiele aus der Praxis zeigten eine erfolgreiche Herangehensweise bei der Einleitung von Änderungen. Vertreter von Entsorgungsunternehmen erläuterten, wie sie Straßen- oder Straßenabschnitte, die regelmäßig rückwärts befahren werden, dokumentieren und darauf aufbauend über eine Gefährdungsbeurteilung Maßnahmen erarbeiten. Je nach Situation kann die Lösung sein, Poller zu entfernen oder Anfahrtstrecken zu verlegen. Häufig muss das Parken in Wendeanlagen konsequent unterbunden werden und manchmal sind auch bauliche Veränderungen an den Straßen oder die Einrichtung von Behälterstandplätzen erforderlich. Die Beteiligung von Entsorgungsunternehmen bereits in der Planungsphase von Wohngebieten kann viele Probleme verhindern. Ein Blick über die Grenze nach Österreich und die Schweiz zeigte, dass unsere Nachbarländer ähnlich vorgehen. Dort wo das Rückwärtsfahren dennoch nicht ausgeschlossen werden kann, muss es konkrete Handlungsempfehlungen geben. Hierzu sind Mitarbeiterschulungen und Unterweisungen unerlässlich.
Abschließend lässt sich festhalten: Die Branchenkonferenz hat ihr Ziel erreicht, die Beteiligten zusammenzubringen und den Entwicklungsstand zur Risikominimierung bei Rückwärtsfahrten aufzuzeigen. Sie brachte mehr Klarheit in die Debatte und unterstützt damit den derzeitigen Diskussionsprozess im Sachgebiet Abfallwirtschaft der DGUV, wo über die Inhalte der neuen Branchenregel "Abfallsammlung" gesprochen wird, die im Herbst erscheinen soll.
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