BG Verkehr fordert mehr Kooperation an der Rampe

16.11.2022 - Mehr als 88.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle passierten deutschlandweit im vergangenen Jahr beim Be- und Entladen von Lkw. 48 Tote waren dabei zu beklagen. Eine bessere Zusammenarbeit der Transportbeteiligten könnte viele dieser Unfälle verhindern.

Ladezonen und Ladestellen bleiben in Deutschland weiterhin ein Schwerpunkt im Arbeitsunfallgeschehen. Das ergibt sich aus den aktuellen Unfallzahlen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) und ergänzenden Analysen der BG Verkehr. Allein im Jahr 2021 verunfallten in Deutschland 88.598 Menschen in Arbeitsbereichen mit der Hauptfunktion Be- und Entladung bzw. Lagerung. Mehr als 1.200 dieser Unfälle waren so schwer, dass den Unfallopfern später eine Unfallrente gezahlt wurde. 48 Unfälle endeten tödlich.

Gefährliche Informationsdefizite

Damit bleiben die Unfallzahlen beim Be- und Entladen auf einem unverändert hohen Niveau wie in den Vorjahren – das Coronajahr 2020 einmal ausgenommen. Einen vielversprechenden Ansatz zur Reduzierung sehen die Unfallexpertinnen und -experten der BG Verkehr in einer besseren Zusammenarbeit der Transportbeteiligten. „Beim Be- und Entladen treffen die Betriebsgefahren der Ladestelle auf die Betriebsgefahren des Lkw“, sagt Martin Küppers, Leiter des Kompetenzfeldes Regelwerk und Arbeitssicherheit bei der BG Verkehr. Dabei kommt es immer wieder zu Situationen, bei denen entweder Fahrer/Fahrerin oder Ladepersonal nicht alle erforderlichen Informationen haben, den Gesamtprozess nicht überblicken und deshalb Gefahren nicht erkennen.

Beispiele: Ein Mitarbeiter des Ladeteams wird von der Ladung getroffen, weil er Hilfsmittel zur Ladungssicherung löste, da er nicht ahnen konnte, dass es die Ladung gegen Umkippen stabilisiert. Oder eine Lkw-Fahrerin wird von einem Stapler angefahren, weil sie nicht wusste, dass sie sich in einem Gefahrenbereich aufhält. „Meist sind beim Ladevorgang zwei oder mehr Firmen beteiligt, deren Beschäftigte nur temporär zusammenarbeiten. Deshalb gibt es vielfältigen Abstimmungsbedarf“, beschreibt Küppers. Das geht in der Hektik des Transportalltags jedoch zuweilen unter. Mit schlimmen Folgen.

Koordination bei Be- und Entladevorgängen verbessern

Die Expertinnen und Experten der BG Verkehr empfehlen deshalb dringend, die Koordination von Be- und Entladevorgängen zu verbessern. Das fängt mit der Transportplanung und Abstimmung auf Vorgesetztenebene an, in die Versender, Empfänger und das Transportunternehmen einbezogen werden müssen. Hier sollten Themen wie die Auswahl geeigneter Fahrzeuge, Transportmittel, Festlegung von Arbeitsabläufen (Ladeanweisungen), Bereitstellung von Informationen, Schutzmaßnahmen und die erforderliche Qualifizierung der Beschäftigten geregelt werden.

Gesetzliche Vorgaben

Auch direkt an der Rampe ist Abstimmung Pflicht. „Die Betreiber der Ladestellen müssen die Fahrerinnen und Fahrer ausreichend unterweisen und die Arbeitsabläufe an den Ladestellen ergänzend dazu auch beaufsichtigen“, verdeutlicht Küppers. Zu besonderen Gefahrenmomenten kommt es zum Beispiel dann, wenn das Personal der einen Firma beim Laden Geräte der anderen Firma nutzt, mit denen es nicht vertraut ist. Auch der Gesetzgeber fordert Kooperation ein: Nach § 11 Betriebssicherheitsverordnung haben alle betroffenen Arbeitgeber bei ihren Gefährdungsbeurteilungen zusammenzuwirken und die Schutzmaßnahmen so abzustimmen und durchzuführen, dass diese wirksam sind.

Präventionsschwerpunkt Abstürze

Wo die Gefahren beim Be- und Entladen im Detail lauern, zeigen die Unfallanalysen der Unfallversicherungsträger. Häufigster Unfallhergang mit fast 18.000 Fällen war der Kontrollverlust über einen Gegenstand, gefolgt von Stürzen nach Stolpern oder Ausgleiten (11.600 Fälle) und dem Kontrollverlust über ein Transportmittel (9.600 Fälle). 9.000 Mal verunfallten Beschäftigte durch „ungeschicktes Gehen, Umknicken oder Ausgleiten“, wie es in der Statistik heißt. 6.600 Mal geschah der Unfall in Folge von „unangebrachten oder unkoordinierten Bewegungen“. In 5.600 Fällen kam es zum Absturz einer Person. Diese Absturzunfälle haben für die Unfallopfer besonders schlimme Folgen. Betrachtet man nur die schwersten Unfälle waren Abstürze mit 366 Fällen der häufigste Unfallhergang, dazu kamen sechs tödliche Unfälle. Besonders häufig betroffen sind Versicherte der BG Verkehr (Schwerpunkt: Lkw-Fahrende), die fast die Hälfte aller schweren Absturzunfälle erleiden. Deshalb gehört die Verhinderung von Absturzunfällen zu den Präventionsschwerpunkten der BG Verkehr im Rahmen der Vision Zero – einer Welt ohne tödliche und schwere Arbeitsunfälle.

Über die BG Verkehr
Die BG Verkehr ist die gesetzliche Unfallversicherung für die Verkehrswirtschaft, Post-Logistik und Telekommunikation. Bei ihr sind rund 1,6 Millionen Menschen versichert. Sie berät in den mehr als 210.000 Mitgliedsunternehmen zur Prävention und sorgt nach Arbeitsunfällen und bei Berufskrankheiten für die Behandlung, Rehabilitation und Entschädigung ihrer Versicherten. Die Verbesserung der Verkehrssicherheit ist ihr dabei ein wichtiges Anliegen.

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